Räum- und Streupflicht im Winter
Jedes Jahr zum Winter kommt es durch Schneefall und Eisbildung zu glättebedingten Unfällen und somit auch zu der Frage, wer eigentlich für den eingetretenen Schaden haftet und in welchem Umfang. Der folgende Artikel soll ihnen dabei helfen eine Übersicht zu diesem Thema zu geben.
1. Wer trägt die Verkehrssicherungspflicht?
Grundsätzlich trägt die Verkehrssicherungspflicht die zuständige Gemeinde. Diese überträgt jedoch in der Regel durch Satzung die Pflicht auf die Hauseigentümer.
Der Hauseigentümer wiederum kann die Räum- und Streupflicht durch Regelung im Mietvertrag oder durch die Hausordnung auf den Mieter abwälzen (vgl. Landgericht Karlsruhe, Urteil vom 30.05.2006, Az. 2 O 324/06 = ZMR 2006, 698). Die Regelung muss aber ausdrücklich die Pflichtübergabe benennen. Soweit lediglich im Mietvertrag oder in der Hausordnung steht, dass „alle behördlichen und polizeilichen Pflichten zu beachten“ sind, ist das zu unbestimmt (vgl. Landgericht Stuttgart, Urteil vom 27.01.1988, Az. 5 S 210/87 = WuM 1988, 399). Wird die Winterpflicht ausdrücklich dem Mieter übertragen, so darf der Vermieter grundsätzlich darauf vertrauen, dass der Mieter seiner Pflicht auch nachkommt (vgl. Oberlandesgericht Dresden, Beschluss vom 20.06.1996, Az. 7 U 905/96). Es ist aber zu beachten, dass ihn weiterhin eine Überwachungspflicht trifft. Der Vermieter muss kontrollieren und darauf Achten, dass der Mieter seiner Winterpflicht auch tatsächlich nachkommt (vgl. Landgericht Waldshut-Tiengen, Urteil vom 30.06.2000, Az. 1 O 60/00). Kommt der Mieter seine durch Mietvertrag oder Hausordnung übertragenen Pflichten nicht nach, so haftet er für eingetretene Schäden infolge eines Sturzes wegen Glatteis (vgl. Amtsgericht Ulm, Urteil vom 05.08.1986, Az. 6 C 968/86 - 03).
Der Hauseigentümer unterliegt aber bei der Übertragung der Räum- und Streupflicht Beschränkungen. So brauchen gebrechliche Senioren den Winterdienst nicht nachkommen (vgl. für eine 80 jährige Mieterin Amtsgericht Hamburg-Altona, Urteil vom 30.08.2006, Az. 318A C 146/06). Auch, wenn der Mieter aus gesundheitlichen Gründen diese Arbeiten nicht mehr erledigen kann und weder private noch gewerbliche Dritte zur Übernahme der Arbeiten zu finden sind, besteht keine Pflicht zum Winterdienst (vgl. Landgericht Münster, Urteil vom 19.02.2004, Az. 8 S 425/03). Ebenfalls ist es nicht möglich nur dem Mieter der Erdgeschosswohnung die Räum- und Streupflicht aufzuerlegen (vgl. Amtsgericht Köln, Urteil vom 14.09.2011, Az. 221 C 170/11).
Wenn Sie als Mieter oder Vermieter Ärger wegen der Streupflicht haben, dann können Sie sich an einen Anwalt für Mietrecht wenden.
So geht es weiter auf Seite 2:
2. Wer trägt die Kosten?
3. In welchem Umfang gilt die Räum- und Streupflicht?
4. Wann muss gestreut werden?
5. Welches Streumittel ist einzusetzen?
aktuelle Urteile zum Winterdienst, sowie der Räum- und Streupflicht
- Winterliche Räum- und Streupflicht bei ernsthafter lokaler Glättegefahr (17.01.2023)
- Mietvertragliche Pflicht zur Übernahme des Winterdienstes durch Erdgeschossmieter schließt Umlage der Kosten auf andere Mieter aus (16.12.2022)
- Winterdienstpflicht im verkehrsberuhigten Bereich bei bloßer optischer Abgrenzung von Gehweg und Fahrbahn (13.01.2020)
- BGH: Glättestellen im Bereich zwischen parkenden Fahrzeugen auf Kundenparkplatz eines Supermarktes müssen nicht bestreut werden (03.01.2020)
- Verkehrssicherungspflicht bei Wanderwegen (11.11.2019)
- Wohnungseigentümergemeinschaft darf Bestellung eines Winterdienstes für öffentlichen Weg beschließen (04.11.2019)
- Unterlassene Streukontrolle: Verkehrssicherungspflichtigen trifft bei Unfall wegen Glatteis volle Haftung (14.01.2019)
- Kein Anspruch auf Schmerzensgeld bei Nutzung eines erkennbar nicht gestreuten und geräumten Weges bei Glatteis (09.01.2019)
- Anspruch auf Schadensersatz wegen Lackschäden am geparkten Pkw durch bei Schneeräumung weggeschleuderten Splitts (27.12.2018)
- Beschluss über Beauftragung von Mini-Jobbern anstatt Fremdfirma mit Winterdienst durch Wohnungseigentümer entspricht regelmäßig nicht ordnungsgemäßer Verwaltung (20.11.2018)